Giddings Deutsches Volksblatt. (Giddings, Tex.), Vol. 7, No. 33, Ed. 1 Thursday, May 17, 1906 Page: 2 of 8
eight pages : ill. ; page 20 x 13 in. Digitized from 35 mm. microfilm.View a full description of this newspaper.
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I Die Spielgefährten. 3
# Sloman von D. Uiesen. 4
* , / — 2 . J W
Nsshdafffdffffmf-K
(9. Forsebung.)
Go wurde am heiligen Abend nur
im Zimmer der Herrschaft ein Keiner
Tannenbaum angezünbet. Frau Ditt-
mer mar zum Besuc herübergetom-
men, aber ihre Gegenwart bermochte
erst recht nicht Gemüthlichteit und
fröhliche Feststimmung zu erwecken.
Eic muzte vnwilltürlic an frühere
Zeiten denten, wo sie all Rind unter
dem Pcihnactsbaum.jauchzte und bet
Vater sie auf startem Atm emporhob
zu den goldenen Rüssen und bunten
Zudersternen. Einen Zheil des Nasch-
werts hatte sie immer in ihr Eischchen
gestect und für Fti Brunt ver-
wahrt.
/Mein Gott, wie lange, lange das
ber mar; mo mochte der liebe, luftige
Spielgefährte jett fein?
• > Alice schrat zusammen, all eben
ein Lichtstümpschen , prasielnd vom
'Baum fiel und erlosch. Sie stand
auf und ging hinaus, um nach dem
Weihnachtspunsc zu sehen.
Indefien Wasil, eine 3iga-
rette ziischen den Sippen, im 3im-
mer auf und ab. E8 lag etwas Ha
stiges. Ungeduldiges in feinen Bewe-
gungen, wie lei iemanb, .den es fort
treibt und bet doc ge^mungen ist, zu
bleiben. Endlic 30g er sich, ben Rest
ber Zigarette in ben Aschenbecher wer-
fenb, einen Sluhl neben baß Sofa,
in welchem Frau "Dittmer - in steifer
Haltung sah unb an Gardineneinjä-
^en hätelte. Zwei große Snäuel glei-
eben Musters lagen bereits tot iht.
„Was ic nod immer fragen wollte,
Wama, mie geht es) eigentlich ber al-
ten GroztanteWengt! Wit haben lange
nichts bon ihr gehött, obgleich Alice,
glaube ich, zum Geburtstag gratulirt
batte. 3s bie alte Dame etma tränt?"
Stau Dittmers fest geschlossener
Munb sudte bitter.
„Dutchaus nicht. ‘Die lebte Heine
Erfältung hat sie gana überwunden
unb sie schrieb mir mit fester Hand-
schtift einen Bestellzettel über alles,
mal ich ihr besorgen soff, wenn ich das
nächste Wal zut Stadt fahre. Sie
leibet iohl hauptsächlich an Lange-
weile unb wünscht sehr, bah ich nach
Neujahr auf einige zeit zu ihr tomme."
„Run, unb—?" fragte Wasil in-
tetessirt.
„0s mitb fic schiver machen lassen,
ic tann nicht so lange von Hause
fort."
„Wasi spielte anscheinend gleich-
gültig an bet I todbel bet Tischdece.
„Siebe Wama, <1 ist natürlich Jhre
Sache, das zu entscheiben, ..aber ich
dächte, jetzt im Wintet, mo bie Auszen-
wirthschaft ruht —"
„rotzdem," entgegnete sie, „es thut
nicht gut, menn bie Herrschaft im
Haus fehlt, das Eesinde ivitd über
müthig. Der Brun nimmt sich ohne-
hin gern heraus, eigenmächtig zu hane
dein, weil et schon zu lange bei uni
auf dem Posten ist unb sich für unent-
behrlich hält."
„Dann, gans einfach, tünbigen Sie
ihm doch."
Fteu Merie zudte diepien Geh«!
lern. „3c betomme so leicht leinen
(Irsat. -Der Mensc ist ja sehr intel-
(igent unb thätig — aber unbequem.
Mtein Wann bat ibn immer zu fami-
liär behanbelt, bas macht steh jett fühl-
bar. Auc bat ber Brunt einen Sohn,
ber studirt, ich glaube, tr ist Assessor;
das steigt woh bem Bater u Ropf,
so bah er manchmal feine eigene Stel-
lung vergibt"
„Ac mal, nur immer tura halten,
Mama, ifür ura halten. Diese Gorte
Menschen muh sic niemals einbilden,
bah sie irgend etmas in ber Welt be-
beute. Was aber ben Besuc in Wen-
titten betrifft, sollte man nicht mir flieh
affe mögliche Rücsicht auf solche alte,
einsame Frau —" ’
2eratotiepmotenbetes
fürchtete, bie SSchwiegermama möchte
ben Grund feinet warmen Gorge für
bie alte Tante burchschanen.
Eben öffnete fic auch bie Zhür,
unb, gefolgt von bem Mädchen, wel-
ehe* bk dampsende Punschbolle trug,
tarn Mlice hinein. Die hausfrauliche
Beschäftigung batte ihr Gesicht frischer
geröthet, unb ber feine Duft bei aro-
matischen Erantes scheuchte auch die
trüben Gedanten fort.*
Alice schenkte bie Gläset voll, man
flieh an auf ein ftöhliches Fest im
nächsten Jahr. Wit einem innigen
98fid lieh die junge tau ihr Glas an
das Ihre! (Matten Hingen. Wle hatte"
sie nur heute an Vergangenes mit
Setnsucht denten sönnen! Bor ihr
lag das Glüct! Jm nächsten Jahr
■ schauten ihres eigenen Rinbchens liebe
Mugen nac bem Sichterbaum. Dann
mar alle« gut, bann erwuc,£ ihrem
Herzen ein solcher Reichthum an Siebe,
bah es nie mehr zu bathen brauchte.
♦ *1*
Zur selben Stunde, all im Do-
brawiter Schlos Weihnachten ge-
feiert mürbe, sahen auch in der weis-
getünchten, mit Ganb unb feingehact-
ten Dannen bestreuten Wohnstube bei
Nämmererhauses von Tanninten brei
Menschen in froher Feststimmung
beisammen. Frit Brunt hatte, nach-
bem er zwei Sahre lang nur feinem
Gtubium gelebt unb nicht daheim ge«
wesen mar, bie ältern zum Ehristfest
mit feinem Bejuc überrascht.
Run dampfte auf bem weisgescheu-
erten Disch eine mächtige chüssel
Schweinefleisc. mit Badpflaumen.
Ftau Brunt hatten sich nicht nehmen
lassen, biel sonst nur bei Hochzeiten
und Rindtaufen übliche Gericht, heute
zu fpenbiren; benn für einen Stadt-
berrn unb gelehrten „Afzessor" mar
nur bal „Feinste" güt genug.
Während ihre Augen mit mutter»
lichem Stolz auf bem ernsten, wohl-
gebildeten Gesicht bei Sohnes ruhten,
beobachtete sie sorglich, ob er auch ge-
hörig zulangte unb genügenbe Portio=
nen vertilgte.
Gie sonnte zufrieden Jein. Wenn
Frit auch nicht, mie Vater Brunf, ben
vollgefüllten Söffe! unb ganze, auf bie
Spitze bei Messers gespieszte Rartof-
fein gleichzeitig zum Munde führte,
sondern auf befonbere „städtische"
Ranier ah, schien es ihm hoch präch-
tig zu schmedten, unb zu Frau Brunts
innigster Gnugthuung äuszerte er wie-
berholt: » .
„Mutterchen, so gut mie Tu ver«
steht niemand zu lochen."
Unb zivischendurc muhte Frit er-
zählen,, von allen feinen Erlebnissen
unb ob er noch weiter ftubiren müsse,
unb mie el mit ber Anstellung fei.
Bater Brunf lieh steh über alles ge-
nau berichten, benn menn man ihm
auch deutlic anmertte, mie stolz er
auf ben Sohn mar, hielt er doc ben
Don väterlicher Autorität im Ge-
spräc aufrecht.
Die Mutter hatte steh, nachdem sie
das (sien abgeräumt, auf bie Holz-
bans dicht neben ihren Frit gesetzt
unb in verschämter zärtlichfeit unter
bem Disch feine Hand in bie ihre ge-
nommen. Ter Sohn erwiderte herz
lieh ben Drud biefer har tgear beiteten
Hand.
„05 thut doc gut, Mutterchen, mie»
ber einmal daheim zu fein. Wenn ich
mich hier umfdbaue, ist Cv mir. all
wäre ich noch ber Heine Junge von
damals." Unb in frohem Ertennen
musterte er affe bie altbefannten Ge-
genstäbe ringsumher. „Wahrhaftig,
bal ist noch genau mie früher. Da ber
ehrwürdige, steinharte Lehnstuhl, ber
mit stell mächtigen Respeft einflöste,
weil nur Bater darauf siten bürste
unb auf bet Rommobe bie beiben Blu-
mentöpfchen- mit cden_. bunten Papier-
tosen, dazwischen Wutterchens Näh-
fleht — ich glaube, das ist sogar noch
derselbe verborgene Fingerhut, mit
bem ich zur Winterszeit so gerne
Gudlöcher in bie befrorene Fenstere
scheibe drüdte."
„Wie Tu bal behalten hast", sagte
bie Mutter gerührt. Gie 30g bie alte
Dellampe etwas näher unb stocherte
mit bet Haarnabel ben Docht auf, ba-
mit er heller brennen sollte unb sie bal
liebe Glesicht ihres Jungen noch beut»
lieber sähe.
Der fuhr steh mit ber Hand durc
das dichte, duntelbraune Haar.
„Alles mie damals — unb doc
auch nicht." — Tann nach einer für*
zen Bause: „Gag doch, Vater, mie
steht’s eigentlich drüben im Herr-
ist, habt ihr mir wohl geschrieben,
aber sonst nicht biel mehr. Michin-
teressirt alles, mal Ditfmers angebt,
ich habe doc bor Jahren so manche
frohe Gtunbe ba berlebt."
„Sa, alles mal recht ist, mie Tu 'n 1
Heiner Sung’ marft, zu Lebzeiten ;
vorn alten gnäbigen Herrn, bist Tu
ba beinahe mie Nind im Haus' gerne»
fen", rühmte bie Mutter.
„Es ist ewig schade, basz ber Herr
so zeitig hat sterben müssen", warf
Brun ein. „Wit ber Ftau ist schwe-
res Mustommen; sie miß in allem ih-
rem eigenen stopf nachgehen, mo sie
boch manchmal nichts bon ber Sache
versteht. 3c bin gana froh, dasz wir
ivenigstens bie Feiertage Ruhe haben
vor bem Quengeln unb Rommandi-
ten* • • ■
«SV Frau Dittmer verreist?“ .
„3n Dobrawit ist sie, bei ber Wir»
eben", entgegnete Frau Brunt. „Gott,
rit, menn Tu bie jetzt solltest fe»
hen, bie würd'st Tu man taum er«
tennen. Go ein schmales Gesichtchen,
mie durchzupusten. Gie bat sic gar
zu biel wegen bem alten Herrn ge«
grämt, unb ic mein’ auch immer —“
„Was?" fragte Frit heftig, all sie
stocte, unb manbte bal jäh ertthete
Gesicht aus bem Schein ber Lampe.
„3c weiß nicht, ihr Wann, ber
Baron“, meinte bie Frau zögernd.
burc ben Schnee geschaufelten Fuß-
weges, ber vom Hof nach bem Herra
schaftshause führte. - Gonft hatte am
Weihnechtsabend ba brühen heller
Lichtschein gefuntelt, heute lag da
Haus öbe unb tobt mie ein tiefen*
bastel Grabmal einstiger Jugenbs
fröhlichleit.
Nebenan ging bie Ehür auf. Tri
hörte ben Vater stampfend ben Schnee
absthüfteln unb ber Mutter mah-
nenbe Stimme:
„Wan nicht so laut, ber Jung'
I schläft schon."
Ta löschte er schnell bal Heine
Lichtstümpfchen, das, vom Zugwind
forsch unb ansehnlich ist er wohl ber schlecht verschlossenen Fenster ge-
Wit traurigen Mugen sah er hinaus
Darauf tommt el auch gerade in bie (ferne, bie steh bunfel vor ihm
Gute
gans umgänglicher Herr fein; zudem
Gegen Ende ber Woche aber schlägt
Elternhaus noch so liebte.
nicht paffen; er mar stet« mehr um sie
nüpften, waren in feiner Seele leben
Gagen Gie bem De«
Schnee decte. Linfs her
zerzaustem Schilfrohr
techts bie schwärzliche
Nacht, liebe, Heine Lich, ich will Dir
Tein Glüd ja gönnen! Gute Racht."
Selle, sonnige Feiertage folgten.
Bläulic glitzernder Schnee über
Weg unb Steg, Schlittengeläute, ge-
„Sieber Zater, Tu solltest am (nde
anspannen und ben Wann hinüber«
fahren lassen. Wer tann missen, ob
bie Depesche nicht von Wichtigteit ist.
Bielleicht märe el ber gnäbigen Ftau
sogar lieb, bal Fuhrwerf gleic zur
schenmesser, mit bem er sich zudor ein
Stüd von bem mächtigen Roggen-
brot geschnitten, an ber Lederhose ab
unb Happte el zusammen.
„Sft purer Unsinn, mal Wutter ba
rebet, Frit. Der Dobrawitzer fol!
bi« auf ’ne Portion Hochmuth ein
big gehlieben Fri trat an I
niedrige, vieredige Fenster. Drauszen
Er nieste ihr noch einmal zu, al«
sie jett ging — stolz unb begliidt ~x- , gZ,,
barüber, bas ber vornehme Sohn fein i Piposition 81 haben
_ . ‘ 7 1 I SHetiNF vAira MAMh
Brunt traute nachbentlic ben üppis
gen, grauen Bollbart. Zegt hoch die
zwar, aber mir tönnte er boch nicht ge» jagt, ängstlich hin unb her Haderte,
fallen.*“
Sa er hatte el lieb, Kehr lieb, unb a- 2 .-z •
ade Grinnerungen, die sic daran Pferde hinatkjagen, wollte .ihm gar
Wirth fein bester Runde, es tommt
iljm gar nicht auf« Gelb an, nur im»
mer vom Feinsten mus alles ‘ein.
Tie Alice hat Glüd gehabt mit ber
guten Partie."
„Tu magst recht hben, Slater",
entgegnete Frit. Gein nachtentlicher
Blic blieb an einem Deller voll
Aepfel haften, ben bie Wutter eben
auf ben Disch stellte. — Wie oft hatte
Siet) al« Nind jubelnb nach diesen
Aepfeln gegriffen, bie ber Spieltame-
rab ihr zustedte. 3m Gutsgarten
gab es zwar Dbst bie Wenge, aber ihr
schmedten nun gerabe diese Aepfel am
schönsten, biefe großen, rothbädigen,
bie ber alte, Verl tüppelte, hinter bem
Nämmererhause zwischen ben Rartof-
felstauben stehende Baum trug.
9othbädtige Weihnachtsäpfel! —
Wit bem Jadenärmel pflegte Frit sie
blanl zu reiben, unb bann theilten bie.
Ninder redlich, indem jedes von ihnen
abwechselnd hineinbis, so lange, bi«
ber letzte stern verzehrt mar.
Go runb unb rosig mie Weih-
nachtsäpfel batten damals ber Heinen
Ric Bädchen ausgesehen, unb jett
sollten sie schmal unb blas fein? —
Brunt rüdte ben roh gebeizten Hols+.
stuhl zur Geite unb stand auf.
„Wutter, Iah ben Trit jett schla-
fen geben, er macht schon ein gana
verträumte« Gesicht. Rann einen wohl
nicht wundern; Tu bist noch müd‘
von ber Reise, mein Jung'. Ra, benn
gute Racht. Morgen ist auch noch ein
Dag."
Brunk 30g bie turze ade von
Schafpels über, zündete bie Stall-
laterne an, langte ba« grosze Schlüse
felbunb vom Haten neben ber Thür
unb ging hinaus, um nachzusehen, ob
auf bem Hof aller verschlossen unb in
Ordnung fei.
Frau Brunt hatte ein Lichtstümpf-
eben in ben blantgeputten Blechleuc-
ter gestedt unb leuchtete bem Sohn in
beffen Schlafzimmer. Ta« mar noch
dieselbe, bie er al« Junge bewohnt,
nur heute ein wenig aufgeputzt burc
einige am Tenster stehende, geil auf-
geschossene Geraniumtöpfe, durc eine
rothgewürfelte Lischdede- unb einen
Heinen, au« bunten Fliden gewirkten
Teppic, ber vor bet Bettstelle lag.
Liebevoll überfolg bei Gintreten*
ben Bfid ben engen Kaum: „Wein
lieber, alter Wintel" sagte er leise vor
steh hin.
Die Wutter streichelte zärtlic bei
Sohnes Arm.
„Sft es Dir hier bei uns auch noch
gut genug, Ttit? Tu bist es jett in
ber Gtqbt gewis ganz anders ge»
iohnt. Sch bäte Dic gern besser
einlogirt, aber brühen überm Flur,
bie grosze Spindenstube bat feinen
Cffn unb ba steht auch jetzt ber Webe
stuhi drin unb bie Gäde mit Schrot
unb Futtermehl; ba hab’ ich ge-
meint, ti ist hier boch noch beque-
mer."
„'Aber Wutterchen, mach Dit doc •
darum nicht so viel Gebauten. Tie
Seimath ist immer schön unb gerabe
wen, meine frühere Heine - ^thloTttim 1 r
mer, ist mir bet liebste Plat im gan-
zen Hause. Aber tüchtig müde bin
ich mir Hieb, ich trieche sofort in bie
stlappe unb werbe prachtvol schla-
fen?
an!" lachte Brunt, wischte ba« Da- i ausbreitete, unb flüsterte:
Deich, bon . , ,
umstanben,L „Meinetiegen
Spur ber* anaanschirren
S0g besorgt al« um bie Menschen. Aber
Fon Trit redete eindringlic zu, unb
wuveyt, wiuiy‘ .yuyi• wuuBen w V m..N Aotor‘ N.
lag still unb einförmig bie wweiszze schlieBlic mar morgen fseiedag, ba
- - • --i- D hatten bie Gespanne ohnehin Kühe.
benn; ber Gottlieb
putzte Rirchgänger. Auf ber Dorf-
; strafte eine fröhliche Rinderschaar, in
_____ ........., _____ ben rothgefrorenen Händen ba« bil»
wohl schwer reic. " Sie’ sagen, im i lige Spielzeug tragenb, ba« ihnen Der
„G^benen Samm" mär’ er bem I heilige Ehris gebracht hat.
bie Witterung um. G« fängt an z1
thauen, ber Himmel ist grau in grau,
unaufhörlich treibt ber Wind Regen
unb Schladen gegen bie triefenden
Fensterscheiben.
Vater Brunt sitt rauchend in fei«
nem alten Lehnstuhl, Frit auf ber
Dfenbant; er hat bal Such, in bem er
bisher gelesen, au« ber Hand gelegt.
Tie Dage sind furs, um vier wird ce
schon duntel.
Die Wutter wirthschaftet in bet
Süche herum; ber Geruch von
Schmalz unb Ruchenteig zieht sich bi«
in bie Stube. Heute zum Ghlvester
ierden Puffer gebacen. — ber Frit
mus boch mal ertra Gute« haben.
„Was das ivieder für ein infamer
Gturm ist," sagte Brunt. „Auf bem
Speicher sind bie Fensterftampen Io-
gerissen unb zwet Scheiben entzwei.
Wenn Tu nur jur Rüd reise nicht
solch ein Humtewetter haft, Frit."
„Sch fahre ja erst übermorgen unb
bi« dahin - " er unterbrach steh.
„Wal giebt e«, Vater, wonach siebst
Tu?"
Bom Gutshof fommend, nähert steh
eine weibliche Gestalt eilig bem Käm-
mererhause. Gie hat ein braune«
Wolltuc um ben stopf geschlungen,
bi« hochgeschürzten Kode flattern im
Winde.
„3c seh’ man blo«, mer ba tommt.
Wir scheint, das ist ba« Stubenmäd-
chen von drüben. Kanu, ma« will
benn bie? Unb rennen thut ste, das
ihr das Drecivafser bis über bie Rlot-
torten spritzt."-
Frit ging nach ber Dhür, um nach-
zujehen. Drauzen im Flur stand
ba« Mädchen, noch gana athemlos,
Hleider unb aate voll zerschmelzen-
ber Schnees loden.
„Sft ber Herr Kämmerer zu
Hause?"
Ta« Mädchen zog bie groszen Holze
schuhe au« unb tarn herein.
„Guten M5end, Herr Brunt. Tie
Wamsell schict mich, weil mir nicht
missen, wo« mir dabei thun soffen."
„Was ist benn los?"
„Ta hat eben ein Bote eine Tepe
sehe gebracht für bie gnädige Frau unb
er meint, ben Schein mus sie selbst
unterschreiben."
„Habt ihr benn nicht gesagt, das
die gnäbige Trau verreist ist? Wer«
gen Abend tommt sie zurüd."
„Go lang bars ein Telegramm
nicht liegen bleiben, Vater," mischte
steh jett Frit tn ba« Gespräch. „Ter
Wann muß es gleich nac Dobrawit
tragen."
„Ac, Tu liebe Zeit, ba hat er noch
gute zwei Stunden zu laufen, unb ber
arme Wensc ist jeht schon gana ver«
Harnt. Bor nachtschlafender Zeit
sann er gar nicht bort fein," meinte
das Mädchen mitleidig.
„Wirb woh! stimmen," nidte Brunt.
„Sn bem niederträchtig aufgeweichten
Weg bleiben einem bei jedem Schritt
bie Stiefeln fteden. Aber menn’« nu
md snfr’r» fff, nn. bern * W*
nicht anoetl" -
peschenboten, Minnachen, <r soff her«
tommen unb hier auffteigen. Weine
Frau wirb ihm zubor noch’n chnaps
unb ein Stüd Schmalfladen ‘"geben,
bamit ber arme Rerl boch wenigstens
mert, bas Slvester ist."
/„Wo hier ba« ganse Qaus so fein
nach Kuchen riecht, wird er es schon
merten," lachte bas Mädchen. „Bei
uns drüben ist rein gar nicht« / los.
Wenn man nicht unter sich ein blichen
Spaft machen ihät‘, al« wie „lild
greifen" unb „Schforrchen schleisen"
unb so allerlei, sönnt’ man einschlafen
vor Sangeweile, Tta, abieu, Herr
Brunt, ic miß nu man schnell nach
Sgus laufen, ba« Unwetter wirb ja
immer schlimmer."
•Tie Dhür schlug dröhnend hinter ber
Davoneilenben zu. Auc Frit war
hinausgegangen, um persönlich ba«
Anspannen zu bestellen.
Tie Knechte saften im Gtaß auf
ber Futterfiste, schwärzliche, verbogene
starten in ben Händen, unb spielten
beim Schein ter blatenden Gtaßla»
terne „Schafstopf". Dem Gottlieb
tarn ber Befehl offenbar sehr ungele»
gen. Er brummte unwirsch vor sich
hin unb schlorrte, mehr al* langsam,
nach ber Geschirrfammet, _ um ba«
Sielenzeug j’t holen unb au« bem
Stroh feiner Betistatt bie bide Warpe
jade.
Frit blieb in ber Kühe, helfend unb
jur Eile mahnend,, bi« angespannt
mar unb ber leichte Wagen, wie vom
Sturm winb gejagt, zum Hosthot hin
qutasselte Der Rnechl hieb auf bie
ferde ein, al« wollte er an ihnen fei
nen 'Merger aulassen.
3m Rimmer schloß bie Wutter ge-
rabe bie Fensterladen, al« ber Sohn
wieder hereintam. Traulich brannte
bie Heine Lampe, unb auf bem Tisch
stanb ba« frische Shlvestetgebäd.
„Ku tomm boch man, mein Jung,
unb set Dic unb ift, solang’ bie Puf-
fer heis finb," mahnte Ftau Brunt.
„Bater sagt, sie wären gut gerathen.
3c hab’ auch nicht Ecmalz, nicht
(fier dran gespart"
„Sie sehen prächtig au«," lobte
Frit. „Aber wer foß ben gangen Berg
vertilgen?"
„Wir brei werben’ wohl jwingen,
unb wenn, nicht, bann pad’ ic, mal
übrig bleibt, ein, unb Tu nimmst es
mit für bie Tante. Gie hat viel Gute«
an Dir gethan; wir meßen ihr boch
auch zeigen, da wir an sie denten.“ -
„Recht so, Wutter," stimmte Brunt
bei. „Tie Schwägerin Blau ist eine
brave Verson, ba« mus waht fein,
unb nicht tnaujerig, wo e« Dich an
gebt, Trit. 3c hätt’ es gern gesehen,
wenn sie bie ^iertage auch hergetom.
men wäre. Wit haben so wie so dae
Schwein geschlachtet, unb e« war alles
reichlich ba. Aber sie schrieb ab, weil
ihr ba« Keifen nicht ansteht. 3s sie
benn schon so tlapperig?" *
„Bewahre," entgegnete Frit, „Tante
Blau ift im Gegentheil sehr munter
unb rüstig, nur etaw« zu start unb
baper turzathmig. Tie Fahrt jur
Winterszeit von ber Station hierher
wat ihr zu beschwerlich."
„Wa, ja, angenehm ift bie iöitte
rung gerabe nicht," entgegnete Brunt.
„Der Gturm, ber verfluchte, teizt
uni wieder bis Hälfte Stroh von ben
Gcheunendächern runter."
„Wann meinst Tu wohl. Bater,
das ba« Fuhrwert von Dobrawift
zurüd fein tann?" fragte Frit. dessen
Gebauten sic unausgesett hiermit be
schäftigt batten.
„Gin’ ötundenerzwe witd* schon
noch bauern, auch wenn ber Gottlieb
forsch fährt unb unterweg« nirgend
eintehrt; ben Werl« ift nicht zu trauen;
wenn ihnen ein bischen bie Dhren
frieren, lassen sie bie Pferde stehen unb
gehen in ben strug Sdhnaps trinten,
mag ba« arme Viehzeug auch zehnmal
drausen bertlamen, ba« ift ihnen ganz
einerlei."
Ditsmal irrte Brunt, (s hatte
noch nicht elf geschlagen, ba hörte man
in bet tiefen Stille plötlic Hufschlag
unb ba« Geräusch eine« Wagens, bet
in feftarfem Trabe in den Hof fuhr.
(Fortsetung folgt.) ,
Mancher Wann, welcher feinet Be,
borrttmaifefatfeinrTrinbenet.
tritt baburch wteber in bie Kesseln,
das er feine Treunde hast.
* ♦ »
"Wenn ein günstiger Winb Dir
Rüfe vom Baume schüttelt, so ver
lange nicht noch, bafi nJ« auftnadt!
Frauenhüte sollen biefe« Saht etwas
weniger umfangreich gerathen fein.
MKuc im Preise?
* • *
Auf bem Strom be« Sehen«
schwimmen mehr Settenscdepper ala
Eustachten.
♦ # * ,r
Willst bu bie Wahrheit wissen
Unverfälscht unb rein, .
Gei nur stets beflißen, 7
Gelber wahr zu fein. \
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